Best Practice

in Werbung und anderen Ländern
Best Practice

Nachdem Gabriele Hässig das Motto des diesjährigen Journalistinnenkongresses - „Nix ist fix - Journalistinnen unter Druck“ - gehört habe, habe sie sofort zugesagt, als Referentin teilzunehmen. Es sei ein Herzensthema der PR-Spezialistin, die Stimme ihres Unternehmens Procter und Gamble DACH zu nutzen, um für Gleichstellung zu kämpfen und sich gegen stereotype Darstellung von Frauen in der Werbung einzusetzen.

Gabriele Hässig ist seit über sieben Jahren bei P&G. Angefangen hat sie als Head of Communications, doch seit 2015 ist sie Geschäftsführerin für Kommunikation und Nachhaltigkeit. Über ihren beruflichen Werdegang bei P&G sagte Hässig bei ihrem Vortrag: „Ich habe in großartigen Teams gearbeitet und viel von meinen Chefs gelernt, viele waren Frauen. Sie haben mich stark gefordert, aber auch klares, konstruktives Feedback gegeben. So kann man auch an Fehlern wachsen.“

RESPECT - mit dem Song von Aretha Franklin begann Hässig ihren Vortrag über Best Practice-Beispiele von P&G in der Werbung. Sie erzählte von Frauenbewegungen der 1960er Jahre, die diesen Song zu ihrer Stimme machten, um damit für Respekt und Gleichheit für Frauen zu kämpfen. „Wer in dieser Welt etwas bewegen will, muss seine Stimme einsetzen“, so Hässig.

Für sie ist es eine Frage der Verantwortung, dass Marken wie P&G ihre mächtige Stimme dazu nutzen, um etwas zu verändern. So nannte Hässig als eines der Best Practice-Beispiele den Werbespot von „Venus Gillette“. Als der Rasierer zum ersten Mal auf den Markt kam, wurden in der Werbung glattrasierte Schönheiten am Strand gezeigt. Heute, 18 Jahre später, sei das nicht mehr denkbar. Frauen, vor allem junge Frauen, stünden unter einem enormen Druck, dem einen, perfekten körperlichen Image zu entsprechen. P&G wolle dem etwas entgegensetzen und schaffe mit ihrem Slogan #MySkinMyWay neue Rolemodels. In dem Spot würden die unterschiedlichsten Frauenkörper gezeigt und damit die Individualität einer jeder Frau unterstrichen. „Das Leben ist nicht schwarz-weiß! Wenn wir gegen Stereotype ankämpfen wollen, müssen wir die Welt mit anderen Blicken anschauen, denn das Leben ist bunt.“

Die Journalistin und Autorin Anne Siegel befasst sich in ihren Büchern mit den Geschichten von Frauen. Island ist dabei oft Schauplatz, der Inselstaat sei Vorreiter beim Thema Gleichberechtigung. Wie weit voraus, das verdeutliche ein Interview, von dem Anne Siegel in ihrem Vortrag berichtete: „Ein isländisches Ehepaar erzählte mir davon, dass sie nun nach der Geburt ihrer Tochter aus Deutschland wieder zurück nach Reykjavík wollen. Aus dem schlichten Grund, dass sie möchten, dass sie gleichberechtigt und mit denselben Chancen aufwächst – was in Deutschland nicht der Fall wäre. Das hat mich tief erschüttert, weil es wahr ist.“

Etliche der isländischen Errungenschaften in der Gleichstellung der Geschlechter seien historisch rein pragmatisch geschehen. 1775 beispielsweise wurde die Entgeltgleiche von Frauen und Männern in der Seefahrt gesetzlich festgehalten. Auch im Erbrecht waren isländische Frauen schon früh gleichberechtigt. Der pragmatische Ansatz dahinter war, Höfe im Familienbesitz zu behalten – denn Männer waren oft auf hoher See, also übernahmen Frauen die Höfe und erbten diese.

Einen entscheidenden Teil zum Fortschritt der Geschlechtergleichstellung habe in Island die Wahl von Vigdís Finnbogadóttir zur Präsidentin im Jahr 1980 beigetragen. Anne Siegel hob in ihrem Vortrag einen interessanten Aspekt der Geschichte von Vigdís hervor: Präsidentin wollte diese ursprünglich gar nicht werden, den Ausschlag zur Kandidatur habe für sie das Telegramm einer Gruppe von Seemännern gegeben, die an sie glaubten und sie als Präsidentin wollten.

Abschließend las Siegel einen Auszug aus ihrem neuen Buch „Reykjavík Blues“, einen Monolog des männlichen Hauptcharakters, vor: „Wir Männer tun wohl daran, uns dieser Kraft (der Frauen, Anm.) zu beugen. Verwehre dich ihr nicht, sonst wirst du scheitern.“ Damit unterstrich Siegel ihre Forderung: „Wir müssen daran arbeiten, dass es anders wird und das geht nur gemeinsam.“

Theresa Bittermann & Katharina Schmidinger - YoungStars