Nix ist fix! Das Gespräch der Generationen
Vier Frauen saßen auf der Bühne. Über ihnen goldumrahmt Kaiser Franz Joseph – nicht unbedingt eine Ikone des Feminismus. Seit 21 Jahren überschaut er den jährlichen Österreichischen Journalistinnenkongress im Haus der Industrie, sieht Medienfrauen beim Vernetzen und Lernen zu. Die Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, Daniela Kraus, diskutierte mit den Journalistinnen Melisa Erkurt, Angelika Hager und Christiana Jankovics über Rückschläge in der Geschlechtergleichstellung. Es geht um neue Kämpfe und erneute Kämpfe. Denn wie das Motto des heurigen Kongresses sagt: „Nix ist fix!“.
Feminismus sei für die junge Journalistin Melisa Erkurt schon seit ihrer Kindheit ein Thema, heute lege sie aber einen besonderen Fokus auf Feminismus und Migration. Sie selbst wurde in Sarajevo geboren. „Ich muss oft nachdenken: Ist das jetzt, weil ich eine Frau bin oder weil ich Migrantin bin? Meistens beides.“ Sie sehe die Auseinandersetzung mit der Rolle von Frauen mit Migrationshintergrund im Feminismus als neue Herausforderung.
Die Kolumnistin Angelika Hager hat erst später in den Feminismus gefunden. „Arrogant“ sei sie in ihren Zwanzigern gewesen. Während eines Interviews mit Alice Schwarzer stellte sie fest: „Irgendwie bin ich nie genug.“ Als berufstätige Frau genauso wie als Mutter. Schon vor fünf Jahren seien ihr gut ausgebildete junge Frauen begegnet, die sagten: „Eigentlich muss ich ja gar nicht arbeiten, ich kann zuhause bleiben.“ Ein Rückschritt in Hagers Augen, ausgelöst von der Müdigkeit der Mütter, die alles unter einen Hut bekommen wollten.
Es scheint wie ein endloser Kampf. Die Betriebsrätin und Vorreiterin in Sachen Gleichstellung im ORF, Christiana Jankovics, ließ seit 1999 alle zehn Jahre die ORF-Frauen befragen. Auch dieses Jahr zeigte sich das zentralste Problem: 70 Prozent der Antworten zeigen demnach, dass sich Frauen mehr bemühen müssten als Männer, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Besonders in Gehaltsfragen und Aufstiegschancen. „Die Frauen im ORF sehen tagtäglich, wie es den Männern leicht gemacht wird“, sagte Jankovics.
„Wir müssen aggressiver werden“, so Hager. „Man muss sich dann auch gefallen lassen, dass man die hysterische Altfeministin ist.“ Ihr ging es darum, die Sozialisierung von Frauen mit neuen und gemeinsamen Konzepten zu durchbrechen. „Man darf nicht mehr lieb sein wollen.“
Die ORF-„Report“-Journalistin Erkurt bemerkte die sozialen Unterschiede zwischen Mädchen und Buben auch im Klassenzimmer. 2017 unterrichtete sie ein Jahr an einer AHS in Wien. Sie beobachtete die Körpersprache der Mädchen und bestärkte sie durch Powerposen. Feminismus haben die Schülerinnen durch Social Media entdeckt.
„Man nimmt das, was schon da ist, und baut darauf auf“, sagteJankovics zu den jungen Frauen im Publikum. „Niemand muss neu anfangen.“ Sie nannte das die „Räuberinnenleiter“. Sie verwies auf das Motto des Tages „Nix ist fix!“, denn fix wäre nur, was niedergeschrieben sei. In ihrer Jugend dachte sie, sie würde den Kampf um Gleichstellung vor allem für sich kämpfen. Heute weiß sie, dass sie es für die nächste Generation tut. Sie kämpfte zum Beispiel auch für Frauenquote im ORF-Gesetz. „Das ist ein Wettbewerbsvorteil!“, rief sie Markus Breitenecker zu, dem österreichischen Geschäftsführer der Sendergruppe ProSieben/Sat1/Puls4. Die Männer müssten an den Tisch geholt werden, denn „wenn es uns schlechter geht, geht es euch nicht besser“, beschloss Hager die Diskussion.
Johanna Fuchs, YoungStar